Im Mai wählt ganz Europa ein neues Parlament: von Portugal im Westen bis Rumänien im Osten, Finnland im Norden bis Malta im Süden. All diese Staaten sind mit der Europäischen Union einer politischen und wirtschaftlichen, aber auch einer Wertegemeinschaft beigetreten. Ziel ist es, eine gemeinsame Zukunft zu gestalten, – mit Wirkungsbereichen, die weit über die eigenen Landesgrenzen hinausgehen. Konflikte gibt es dabei viele: Es wird gestritten über Grenzwerte für CO2-Emissionen, die Aufnahme von Geflüchteten, letztlich um Geld und Macht. Aber Konflikte werden anders als noch im vergangenen Jahrhundert friedlich ausgetragen. Selbst eine – nach langen Verhandlungen voraussichtlich – einvernehmliche Trennung oder die Drohung damit, kann Europa in seinen Grundfesten nicht erschüttern.
Das Grundgesetz war eigentlich als Provisorium gedacht, hat Deutschland und seinen Bürgerinnen und Bürgern nun aber bereits 70 Jahre Demokratie und Frieden gebracht.
Dr. Ralf Nemetschek
Vorsitzender des Vorstands der Nemetschek Stiftung
Grundstein für einen völlig neuen Rechtsstaat
Basis für das friedliche Zusammenleben in einem demokratischen Europa sind Verträge, die im Laufe der Jahrzehnte immer wieder angepasst wurden. In Deutschland garantiert das „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ die grundlegenden Freiheits-, Gleichheits- und Unverletzlichkeitsrechte jeder und jedes Einzelnen. 63 Mal wurde es seit seiner ersten Ausfertigung am 23. Mai 1949 geändert, beispielsweise 1956 wegen der Schaffung der Bundeswehr, sowie 1994, als die Förderung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen durch den Staat aufgenommen wurde. Im Kern blieben unsere Grundrechte aber unverändert – seit 70 Jahren. Die Mütter und Väter des Grundgesetzeses haben nach zwei Weltkriegen mit Millionen Toten, einer gescheiterten Weimarer Republik und einer grausamen Diktatur den Grundstein für einen Rechtsstaat gelegt, wie es ihn niemals zuvor in Deutschland gab.
Das Grundgesetz war eigentlich als Provisorium gedacht, hat Deutschland und seinen Bürgerinnen und Bürgern nun aber bereits 70 Jahre Demokratie und Frieden gebracht. Es kann und muss mit den Veränderungen unserer Gesellschaft und Lebenswelt mitwachsen und sich verändern. Gleichzeitig sichert und wahrt es die Eckpfosten unserer Verfassung und ist das Fundament für eine Gesellschaft, die in Freiheit und Würde leben kann. Sicherlich kann die individuelle Freiheit von rund 83 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland auch miteinander konkurrieren und Konflikte auslösen. Deshalb ist es an uns, die wir in Deutschland leben, diese Situationen zu lösen, an ihnen gemeinschaftlich zu wachsen.
Gemeinsam die Verfassung mit Leben füllen
Vor 70 Jahren wurde mit dem Grundgesetz das Fundament unserer demokratischen Gesellschaft gelegt. Mit gemeinsamer Anstrengung wird es uns gelingen, nicht nur die Werte der Verfassung weiter mit Leben zu füllen, sondern das Fundament unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu erhalten. Das Grundgesetz ist dabei wie ein Werkzeugkasten, mit vielen Möglichkeiten, um uns das beste Land zu bauen, in dem wir leben wollen.
Über Dr. Ralf Nemetschek
Dr. Ralf Nemetschek gehört zu den Gründungmitgliedern der Stiftung und leitet sie seit 2008 als Geschäftsführender Vorstand. Als Physiker hat er in der Stiftungsarbeit den naturwissenschaftlichen Blick auf die Welt sowie auf Fakten und Zahlen und setzt sich als Vorstand mit Herzblut für die demokratische Kultur in Deutschland ein.