6. Dezember 2019

Werkstatt Demokratie: Nicht jammern, sondern die Zukunft gestalten

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Impressionen aus der Werkstatt Demokratie in Erfurt: Kühle Analyse trifft auf Leidenschaft und heraus kommen viele gute Ideen für den Einzelnen ebenso wie für die Politik.

Werkstatt Demokratie in Erfurt
Die Werkstatt Demokratie ist gemeinsames Projekt der Nemetschek Stiftung und der Süddeutschen Zeitung (SZ). | © Süddeutsche Zeitung

„Klimakrise – wie retten wir die Zukunft?“ Antworten auf diese Frage haben Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Werkstatt Demokratie im Oktober in München und in Erfurt zusammengetragen. In dem gemeinsamen Projekt der Nemetschek Stiftung und der Süddeutschen Zeitung (SZ) kommen Menschen miteinander ins Gespräch, tauschen sich aus, schärfen ihre Argumente. „Mitmachen beim Bessermachen“, auf diese Formel bringt es Peter Lindner, Ressortleiter Politik der SZ.

Für die Tageszeitung sind die Dialog-Workshops eine gute Gelegenheit zu erspüren, was Leserinnen und Leser bewegt. In einer Onlineabstimmung vorab konnten sie das Debattenthema festlegen. Die Ergebnisse der Werkstatt Demokratie zur Klimakrise fließen wiederum in die Berichterstattung ein – für die Redaktion auch eine Gelegenheit, durch den persönlichen Austausch Vertrauen in den Journalismus zurückzugewinnen. Vor Ort in den Workshops sowie im Netz werden Probleme analysiert und Lösungsideen entwickelt. Dabei gilt die Devise: nicht jammern, sondern nach vorne denken.

Unterschiedliche Gründe für das Engagement

Und das wurde in Erfurt mit Verve umgesetzt. In den sechs Gesprächsgruppen kamen unterschiedlichste Ansätze auf den Prüfstand – immer konstruktiv, überzeugend kenntnisreich und durchaus auch phantasievoll bis hin zur Utopie. Beim Kennenlernen in den Workshops wurde deutlich, welche unterschiedlichen Beweggründe die Menschen antreiben, sich um ein besseres Klima zu kümmern: Für die Studentin (20), die Internationale Beziehungen in Erfurt studiert, ist eine wichtige Frage, wie grenzüberschreitend gehandelt werden kann. Für Eltern, so berichtete ein Vater aus Jena, geht es um die Zukunft der nachfolgenden Genrationen. Eine in Berlin lebende Hochschullehrerin aus Stockholm hatte das Thema „nachhaltige Ökonomie“ im Gepäck und ein Ingenieur aus Schweinfurt seine technische Expertise rund um „grünes Bauen“.

In den Gesprächen wurde deutlich, wie komplex das Thema Klima ist. Unstrittig bei allen war der Ansatz, den Kohlendioxid-Ausstoß zu reduzieren. Doch auf welche Weise? Etwa indem man dem Auto den Kampf ansagt. Oder zu Hause die Temperatur senkt oder sogar eine umweltfreundlichere Heizung einbaut. Auch indem man weniger Fleisch isst und grundsätzlich weniger konsumiert. In Erfurt wurde deutlich: Über den richtigen Weg lässt sich trefflich streiten. Entsprechend den unterschiedlichen Charakteren gestalteten sich die Debatten – kühle Analyse traf auf emotionale Leidenschaft. Allerdings niemals konfrontativ, die Werkstatt Demokratie zeigt, dass Argumente in einem wertschätzenden Klima ausgetauscht werden können. „In manchen Punkten konnten wir uns nicht einigen. Das ist nicht schlimm, man muss auch aushalten können, dass unterschiedliche Vorstellungen aufeinanderprallen“, sagte eine Teilnehmerin. Beispielsweise ließ sich die Frage, wie wirksam Verbote sind, nicht im Konsens klären.

Werkstatt Demokratie in Erfurt
Gute Stimmung bei der Werkstatt Demokratie in Erfurt – auch wenn die Meinungen, darüber, ob und wie das Klima gerettet werden kann, manchmal auseinander gingen. | © Süddeutsche Zeitung

Politischer Rahmen und private Klimapakete

Auch wenn es vielfältigste Herangehensweisen zur Rettung des Klimas gibt, kristallisierten sich in den Workshops zentrale Handlungsfelder heraus: Wohnen, Mobilität, Ernährung und Energieverbrauch. Zudem sei die gesellschaftliche Akzeptanz nötig. Die Frage, wie man möglichst viele Menschen von der Relevanz des Themas überzeugen kann, wurde intensiv diskutiert. Der Verzicht aufs Auto, der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, die Reduktion des Fleischkonsums und grundsätzlich ein bewusster, ressourcenschonender Konsum – hier können Einzelne private Klimapakete schnüren. Die Bereitschaft dazu entbinde die Politik allerdings nicht von ihrer Verpflichtung, den Rahmen vorzugeben. Der Wunsch nach einer politischen Strategie, die jenseits des Gießkannenprinzips strukturiertes Handeln über weltweite Grenzen hinweg ermöglicht, wurde mehrfach geäußert: Es sei großartig, dass jede einzelne Person dazu beiträgt, das Klima zu verbessern, aber ohne einen politischen Masterplan funktioniere es nicht.

Inspiriert und mit neuen Impulsen versehen, traten die Beteiligten den Heimweg an. „Ein Nachmittag wie dieser zeigt, dass es viele gute Ideen gibt“, meinte eine Teilnehmerin aus Bayern. „Irgendwie bin ich jetzt zuversichtlicher als vorher. Auch wenn es kleine Schritte sind, aber das hier gezeigte Engagement, die Beteiligung und das konstruktive Miteinander sind wirklich wertvoll.“