5. April 2024

Wie es gelingt, im Gespräch zu bleiben

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In einer Demokratie ist es wichtig, dass Menschen interagieren, sich unterstützen und zum Wohl der Gemeinschaft einsetzen. Was aber macht den gesellschaftlichen Zusammenhalt aus? Wie können wir das faire Miteinander stärken? Antworten auf diese Fragen identifizierten Ende Februar die Teilnehmenden des Workshops „Wer, wenn nicht wir“.

Das Workshop-Format „Wer, wenn nicht wir?“ von Nemetschek Stiftung, Bayern 2 und der Akademie für Politische Bildung Tutzing hat erneut zum Experiment eingeladen. © Akademie für Politische Bildung Tutzing

Bereits zum dritten Mal hatte die Nemetschek Stiftung mit ihren Kooperationspartnern Bayern 2 und der Akademie für Politische Bildung Tutzing Menschen im Werkraum Demokratie zusammengebracht – zur Stärkung eines toleranten, offenen gesellschaftlichen Klimas. Wer kennt das nicht? Gespräche über politische Themen mit Familienmitgliedern, in der Nachbarschaft, im Freundes- und Kolleg*innenkreis können brisant werden. Zu geopolitischen Spannungen wie der drohenden Eskalation im Nahost-Konflikt und dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, zu weltweiten Herausforderungen wie der Bewältigung des Klimawandels und der Sicherstellung der Energieversorgung hat jede und jeder seine eigene Meinung. Auch innenpolitische Angelegenheiten wie etwa das Erstarken rechter und populistischer Stimmen werden unterschiedlich bewertet. Nicht allen gelingt es, sich respektvoll über unterschiedliche Einschätzungen auszutauschen. Dabei ist es wichtig für das gesellschaftliche Miteinander, im Gespräch zu bleiben.

Nemetschek Stiftung aktiviert die Diskussionskultur

Um den Dialog zu stärken, haben die Nemetschek Stiftung und ihre Kooperationspartner im Werkraum Demokratie 2024 die Möglichkeit geschaffen, Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. 40 Menschen aus allen bayerischen Regierungsbezirken hatten das Organisationsteam mit ihren Bewerbungen überzeugt. Sie wurden für ein Wochenende nach Tutzing eingeladen, um gemeinsam Diskursstrategien zu entwickeln. In sechs kleineren Gruppen wurde gemeinsam nachgedacht diskutiert, argumentiert – und vor allem auch in Ruhe zugehört. Die Teilnehmenden konnten selbst ausprobieren, wie sich eine gute Diskussionskultur anfühlt. Ausgestattet mit hilfreichem Input, testeten sie sich selbst in kurzen Rollenspielen beim Zuhören, Wahrnehmen und Einschätzen des Gehörten. Sie erarbeiteten gemeinsam, wie vielfältig Meinungen, Positionen und Argumente zu einem Thema ausfallen können. Mit Hilfe von Diskussionstechniken übten sie ein, Dissens sachlich zu besprechen und auch, Verständnis für andere Positionen zu entwickeln.

Im Werkraum Demokratie lernen die Teilnehmenden gemeinsam Diskursstrategien zu entwickeln. © Akademie für Politische Bildung Tutzing

Den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken

Unterfüttert wurden die praktischen Elemente durch Impulsvorträge. Es gebe mittlerweile Themen, die im Gespräch aus Angst vor negativen Reaktionen gemieden werden, sagte Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung. Das führe zu mehr Spannungen in der Gesellschaft und erschwere den Austausch zwischen den Bürgerinnen und Bürgern. Sie wünscht sich mehr offene Diskussionen, um Gemeinsamkeiten zu finden und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Für den Historiker Claus Oberhauser von der Pädagogischen Hochschule Tirol geschieht das bereits in Vereinen. Er sieht dort Spielräume für unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen, die sich in lockerer Atmosphäre auch über tabubehaftete Themen austauschen können. Die Sozialpsychologin Nicole Harth vom Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt warb dafür, dass Diskursteilnehmer*innen vor allem versuchen sollten, offen für die Ansichten der anderen zu sein. Sie beobachtet die Tendenz, sich und andere in Schubladen zu stecken und aufgrund von Vorurteilen nicht in den Dialog einzutreten. Dabei sei Vorsicht geboten: Zwar sei Schubladendenken durchaus menschlich, schaffe aber auch einen Nährboden für Populismus und Verschwörungsmythen.

Teamspirit beflügelt Teilnehmende

Dass die Teilnehmenden weit entfernt sind vom Schwarz-Weiß-Denken, wurde noch einmal beim Abschlussplenum deutlich, das moderiert von Franziska Eder teilweise live im Radio gesendet wurde. Die Hörer*innen gewannen Impulse zur Stärkung der öffentlichen Debatten, die im Werkraum Demokratie erarbeitet wurden. Und selbst im Radio entfaltete sich der beflügelnde Teamspirit – 40 hochmotivierte Menschen können es kaum erwarten, in die nächste Diskussion zu starten – sie haben das gute Gefühl, auch schwierige Situationen meistern zu können.