Zum ersten Mal seit 2005 tritt bei einer Bundestagswahl die Amtsinhaberin nicht mehr an. Müssen die Parteien das Aufstellen von Kanzlerkandidatinnen und -kandidaten unter dieser Voraussetzung erst wieder lernen?
Prof. Dr. Ursula Münch
Wie beurteilen Sie das in Deutschland gewohnte Verfahren zur Bestimmung von Kanzlerkandidatinnen und -kandidaten?
Prof. Dr. Ursula Münch
Superwahljahr 2021
Bei einer demokratischen Wahl können Bürgerinnen und Bürger Einfluss auf die Geschicke ihres Landes nehmen. 2021 gibt es dazu reichlich Gelegenheit: Am 14. März waren in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Landtagswahlen, in Hessen Kommunalwahlen. Am 6. Juni wird in Sachsen-Anhalt ein neuer Landtag gewählt. Am 12. September stehen Kommunalwahlen in Niedersachsen an. Der 26. September ist der Tag der Bundestagswahl, Berliner*innen wählen außerdem ihr Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlung. In Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen sind am gleichen Tag Landtagswahlen.
Es gibt also viele Anlässe für Politikerinnen und Politiker, um die Gunst der Wählerschaft zu werben. Obwohl der Wahlkampf in diesem Jahr pandemiebedingt tüchtig auf den Kopf gestellt werden dürfte. Kontaktverbote und Abstandsregeln bewirken eine Verlagerung ins Digitale. Aktive Politikerinnen und Politiker sind derzeit als Krisenmanager*innen einem dauernden Stresstest ausgesetzt – und das im Rampenlicht. Währenddessen buhlen rechte Agitator*innen um Menschen, die mit den Anti-Corona-Maßnahmen der Politik unzufrieden sind. Außerdem wird es nach vier Legislaturperioden erstmals einen neuen Bundeskanzler oder eine neue Bundeskanzlerin geben. Das heißt also: Das Wahljahr 2021 birgt eine Reihe von Besonderheiten und Herausforderungen, die es in der Geschichte unserer Demokratie zu einem Wegweisenden machen. Uns ist das eine eigene Wahl-Serie im Blog der Nemetschek Stiftung wert – mit Interviews und Berichten zu vielen Facetten im Superwahljahr 2021.
Blicken die Menschen bei ihrer Wahlentscheidung eher zurück – d. h. zählt am Wahltag beispielsweise noch die Performance der Kandidaten im Umgang mit der Corona-Krise oder dem Wirecard-Skandal – oder nach vorne, d. h. in Erwartung zukünftiger Entscheidungen?
Prof. Dr. Ursula Münch
Die Wahl wird nicht von meinen Kindern und deren Generation entschieden, sondern von den Älteren.
Prof. Dr. Ursula Münch
Leiterin der Akademie für politische Bildung Tutzing
Sehen Sie vor der kommenden Bundestagswahl eine Wechselstimmung, vielleicht auch eine Proteststimmung gegen die aktuell politisch Handelnden während der Corona-Pandemie? Die ist derzeit sehr präsent in der Berichterstattung.
Prof. Dr. Ursula Münch
Politisches Establishment, langjährige Koalitionäre und männlich auf der einen Seite gegen frisch, zeitgeistig und weiblich auf der anderen. Würden Sie sagen, das ist ein Gegensatzpaar, um das es bei dieser Wahl geht?
Prof. Dr. Ursula Münch
Es gibt einige Beispiele für politische Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger weltweit, europaweit oder auch Amtsträger, die ohne konkrete Regierungserfahrung ins Amt gekommen sind. Wie wichtig ist Erfahrung für das Kanzleramt?
Prof. Dr. Ursula Münch
Wenn wir einen guten Kanzler oder eine gute Kanzlerin haben, darf die meines Erachtens auch länger im Amt sein.
Prof. Dr. Ursula Münch
Leiterin der Akademie für politische Bildung Tutzing
Was halten Sie von einer Begrenzung der Amtszeit für Bundeskanzler*innen?
Prof. Dr. Ursula Münch
Über Prof. Dr. Ursula Münch
Ursula Münch ist seit 1999 Professorin für Politikwissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Innenpolitik und der Vergleichenden Regierungslehre. Seit 2011 leitet sie die Akademie für Politische Bildung in Tutzing.