Prof. Faas, angesichts des Wahlergebnisses, das der CDU zwar einen Überraschungssieg brachte, aber auch dem bisherigen Regierungsbündnis aus Rot-Grün-Rot genug Stimmen für eine Fortsetzung: Was denken Sie, wünschen sich die Berliner*innen von der Politik?
Prof. Thorsten Faas
Der Wahlkampf wurde durchaus mit harten Bandagen geführt. In den Sondierungsgesprächen der CDU mit Grünen und SPD und wohl jetzt auch in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD wird nach Gemeinsamkeiten und Kompromissen gesucht. Kann das funktionieren?
Prof. Thorsten Faas
Es gibt keinen DIN-genormten Begriff von „Wählerauftrag“.
Prof. Thorsten Faas
Politikwissenschaftler und Wahlforscher
Die Wähler*innen wünschten sich kein „weiter so“ – damit hat Franziska Giffey ihre Entscheidung für ein Bündnis mit der CDU begründet. Dabei verfügt die bisherige rot-grün-rote Koalition über eine immer noch stabile Mehrheit und steht sich inhaltlich eigentlicher auch näher. Wäre das doch eine Alternative gewesen?
Prof. Thorsten Faas
Hatte Franziska Giffey einfach Pech mit der Wiederholungswahl nach nur gut einem Jahr?
Prof. Thorsten Faas
Wahlen sind die zentrale Säule unserer Demokratie und man muss sich darauf verlassen können, dass das funktioniert.
Prof. Thorsten Faas
Politikwissenschaftler und Wahlforscher
In einem Bezirk wurden Wahlbriefe verschludert, in einem anderen musste neu ausgezählt werden. Doch davon abgesehen lief die Wahl organisatorisch gesehen reibungslos – ganz anders als bei der Pannenwahl 2021. Welche Bedeutung hat das für das Vertrauen in den Staat und die Demokratie?
Prof. Thorsten Faas

ÜBER PROF. THORSTEN FAAS
Prof. Thorsten Faas ist Politikwissenschaftler und Wahlforscher. Er leitet die Arbeitsstelle „Politische Soziologie der Bundesrepublik Deutschland“ am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin. Anfang 2023 veröffentlichte er mit der Otto-Brenner-Stiftung die Studie „Mehr wählen wagen?“, die sich mit dem Wahlalter beschäftigt und Ungleichheiten beim „Wählen ab 16“ analysiert.
Wo Deutschland 2023 wählt
Am 12. Februar wurden knapp 2,5 Millionen Berliner*innen zum Urnengang gebeten. Abgestimmt wurde über das Berliner Abgeordnetenhaus und somit über die Regierung des Stadtstaats. Und das nur rund 16 Monate nach der jüngsten Wahl des Abgeordnetenhauses. Der Verfassungsgerichtshof hatte die Wahl von 2021 aufgrund grober Mängel für ungültig erklärt. Damals waren unter anderem Stimmzettel ausgegangen, einige Wahllokale blieben länger als erlaubt geöffnet, andere schlossen pünktlich, ohne dass alle Wahlberechtigen ihre Stimme hatten abgeben können. Das Ergebnis bescherte der CDU einen kräftigen Stimmenzuwachs und kostet Franziska Giffey wahrscheinlich ihren Job als Regierende Bürgermeisterin – so der Stand Anfang März. Die gute Nachricht: Die Wahl lief diesmal einwandfrei ab und ist gültig.
Davon ist auch in Bremen, Hessen und Bayern auszugehen: Am 8. Oktober entscheiden die Bürger*innen dort über ihre künftigen Landesregierungen. Und auch wenn beide Bundesländer bisher ohne größere Wahlpannen auskamen – im Hinblick auf die zerstrittene Ampelregierung im Bund wird auch dieser Wahltag spannend.