16. September 2022

Ein Klassenraum für die Demokratie

Plus Icon Bildung//Demokratie//

Im Modellprojekt „Das mobile Demokratielabor“ entwickelt der Berliner Verein „Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e.V.“ mit Unterstützung der Nemetschek Stiftung eine Toolbox, mit der sich spielerisch demokratisches Verhalten trainieren lässt. Projektmitarbeiterin Larissa Mogk gibt einen Einblick in den Entwicklungsstand.

Mehrere Menschen auf einer Grafik, über ihnen sind Sprechblasen, in denen verschiedenen Symbole erkennbar sind.
Mit dem „mobilen Demokratielabor“ entsteht eine Trainings-Toolbox für demokratisches Verhalten. | © iStock/DrAfter123

Frau Mogk, was stelle ich mir unter dem mobilen Demokratielabor vor?

Larissa Mogk

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Es ist ein Ort, an dem Demokratie trainiert werden kann. Zum Beispiel in der Schule. Dort könnten Räume eingerichtet werden, die Demokratie fächer- und unterrichtsübergreifend erlebbar machen. In denen dazu ermutigt wird, die Gesellschaft aktiv zu gestalten – nach den Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler.

Also ein Fachraum, wie wir Chemie- oder Musikräume kennen. Statt Bunsenbrenner oder Instrumenten – wie wäre der Demokratieraum ausgestattet?

Larissa Mogk

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Mit Dingen, die ihn gemütlich und freundlich wirken lassen, etwa mit einem Teppich ausgelegt und mit variablen Sitzgelegenheiten versehen. Zudem mit Materialien, die die Sinne und die Spielfreude von Kindern und Jugendlichen ansprechen. Es gibt Bälle, Ringe oder Seile, mit denen man spielen kann. Zudem analoge und digitale Elemente wie etwa Raumgestaltungselemente und ein Hörspiel, das zum Mitmachen einlädt.

Sie schaffen eine offene, einladende Atmosphäre. Der Raum als „dritter Pädagoge“?

Larissa Mogk

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Wir möchten für eine gute Lernumgebung sorgen. Idealerweise bietet der Raum Freiflächen, die Begegnung ermöglichen. Auch soll man sich frei bewegen können. Starre Sitzordnungen in Klassenräumen verfestigen zum Beispiel oft das soziale Gefüge. Stattdessen mal einen Platzwechsel zu ermöglichen, kann Dynamik ins soziale Miteinander bringen. Kinder und Jugendliche können ausprobieren, in neue Rollen zu schlüpfen und auszutesten, in welchen Rollen sie sich wohlfühlen.

Sie haben auch einen Raumteiler entwickelt, der ins „Paradies Land“ einlädt. Was ist da die Idee dahinter?

Larissa Mogk

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Die Künstlerin Ergül Cengiz hat das Bild für das mobile Demokratielabor auf Leinwand gemalt. Wir haben es vervielfältigt und einen Raumteiler damit bespannt. Damit eröffnen wir einen gedanklichen Paradiesort, in dem Ideen und Wünsche für eine ideale Gesellschaft wachsen können. Über Fragen wie etwa „Wie sieht deine ideale Welt aus?“, „Wie können sich alle gut darin entfalten?“ oder auch „Wer pflegt das Paradies?“ kommen die Schülerinnen und Schüler ins Gespräch.

Wir eröffnen einen gedanklichen Paradiesort, in dem Ideen und Wünsche für eine ideale Gesellschaft wachsen können.Bild eines Anführungszeichens

Larissa Mogk

Projektmitarbeiterin „Das mobile Demokratielabor“

Und Sie ermuntern die Demokratie-Trainierenden spielerisch zum Perspektivwechsel und zur Reflexion des eigenen Handlungsspielraums.

Larissa Mogk

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Richtig, dabei setzen wir auch auf Fantasie und Kreativität. Das Performancekollektiv „hannsjana“ hat das „HörSpiel Intergalactic“ für das mobile Demokratielabor geschrieben und produziert: Dabei schlüpfen Kinder und Jugendliche in die Rolle von Außerirdischen, die von einer Künstlichen Intelligenz (KI) gelenkt werden. Diese trifft immer die perfekte Entscheidung und sorgt für jede und jeden einzelnen. Plötzlich fällt die KI aus und die Teilnehmenden müssen ran. Sie fragen sich, ob sie überhaupt wollen, dass jemand alle Entscheidungen trifft und reden über Mitbestimmung.

Geben Sie auch Lehrkräften etwas an die Hand?

Larissa Mogk

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Gute Methoden, das Thema Demokratie im Unterricht aufzugreifen, Aspekte wie  Partizipation, Fairness und Teilhabe zu diskutieren. Übrigens nicht nur im Politikunterricht. Demokratie ist fächerübergreifend relevant. Wir laden dazu ein, die Schule mit neuen Augen zu sehen, Freiräume zu erkunden und demokratisches Handeln zu erproben.

Warum richtet sich Ihr Angebot an Schulen? Benötigen die Nachhilfe beim Thema Demokratie?

Larissa Mogk

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Die Schule sollte der Ort sein, an dem Demokratie schon früh eingeübt wird – das ist tatsächlich auch ein gesetzlicher Auftrag. Wie sehr dieser Anspruch gelebt wird, hängt aber immer vom Engagement der Schulgemeinschaft ab. Oftmals gibt es wenig Spielraum dafür, Demokratie zu trainieren. Manchmal gibt es auch lediglich Alibi-Mitbestimmungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche. Da ist sicher noch Luft nach oben. Schülerinnen und Schüler, die sich nicht abgehängt fühlen, sondern die im Gegenteil erleben, dass ihre Stimme erstens gehört wird und zweitens sogar etwas bewirkt, laufen nicht so schnell Gefahr, sich später als Erwachsene von der Politik abzuwenden.

Schülerinnen und Schüler wollen gefragt werden. Das Thema Mitbestimmung beschäftigt sie.Bild eines Anführungszeichens

Larissa Mogk

Projektmitarbeiterin „Das mobile Demokratielabor“

Welche Erfahrungen treiben eigentlich die Schülerinnen und Schüler um? Welche Themen wollen sie besprechen – haben Sie da Erfahrungen?

Larissa Mogk

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Wir tauschen uns aus mit Lehrkräften und wir testen in einzelnen Schulen, wie unsere Methoden und Materialien ankommen. Grundsätzlich kann ich sagen, dass Schülerinnen und Schüler gefragt werden wollen. Das Thema Mitbestimmung beschäftigt sie. Gesprochen wird auch über Diskriminierungserfahrungen aufgrund von Herkunft, Klassenzugehörigkeit oder sexueller Orientierung. Mobbing ist leider ein weiteres Stichwort. Hier sind wir noch dabei, Angebote zu entwickeln und zu testen. Ziel wäre, dass Schülerinnen und Schüler das mobile Demokratielabor als Ort erleben können, an dem sie über ihre Erfahrungen sprechen können. Und nicht nur das – sie sollen auch erfahren, dass sie Rechte haben und dass es Hilfe gibt in diesen belastenden Situationen.

Noch sind Sie in der Entwicklung des Projekts. Wie kann es weitergehen?

Larissa Mogk

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Das Projekt läuft bis Ende 2024. Ende 2023 oder Anfang 2024 werden wir uns auch Gedanken darüber machen, wie wir es vermarkten. Wir arbeiten daran, dass die Materialien in größerem Stil produziert und so möglichst vielen Schulen zugänglich gemacht werden. Mit vielen unserer Gesicht Zeigen! Spiele ist das ja bereits gelungen.
Das Bild zeigt eine lächelnde Larissa Mogk
Larissa Mogk vom Berliner Verein „Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland“. | © Florian Lutz

Über „Das mobile Demokratielabor“

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„Das mobile Demokratielabor“ richtet sich an Kinder und Jugendliche der 5.-10. Klassen an Schulen in Berlin, Brandenburg und Bayern.  Die Nemetschek Stiftung unterstützt und begleitet das Projekt von Beginn an im Rahmen einer engen Partnerschaft mit „Gesicht Zeigen!“.  Es wird außerdem gefördert im Rahmen des Programms „Demokratie leben!“ durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Website: https://www.gesichtzeigen.de/angebote/das-mobile-demokratielabor/

E-Mail: demokratielabor@gesichtzeigen.de

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