Dr. Thiel, 2021 gilt als Superwahljahr wegen gleich fünf Landtagswahlen, der Bundestagswahl und mehreren kommunalen Abstimmungen. Hinzu kommen strikte Hygienevorschriften wegen der Corona-Pandemie. Ist es für Sie und Ihre Behörde auch ein besonderes Wahljahr?
Dr. Georg Thiel
Welche Faktoren sind in dieser Hinsicht besonders relevant?
Dr. Georg Thiel
Ein anderer Punkt ist die Briefwahl. Wir gehen davon aus, dass deutlich mehr Menschen als sonst diese Möglichkeit zur Abstimmung nutzen, und wollen natürlich, dass die Briefwahl auch in diesem Jahr reibungslos funktioniert. Das ist den Kolleginnen und Kollegen bei den bisherigen Landtagswahlen in diesem Jahr übrigens sehr gut gelungen. Deshalb bin ich optimistisch, dass uns das bei der Bundestagswahl auch gelingen wird.
Ich denke, dass die Akzeptanz der Wahl in Deutschland so hoch ist, hat sehr viel mit unserem transparenten Wahlsystem zu tun.
Dr. Georg Thiel
Bundeswahlleiter
Welche Erfahrungen haben Sie in den Ländern gemacht, in denen 2021 gewählt wurde?
Dr. Georg Thiel
Welches sind die größten Herausforderungen vor dem Wahltag?
Dr. Georg Thiel
Nachdem bekannt wurde, dass Wahlhelfende bei den Coronaimpfungen priorisiert werden, gab es viel mehr Bewerbungen als sonst, zuletzt sind aber wieder Menschen abgesprungen. Wird es genügend helfende Hände geben?
Dr. Georg Thiel
Das Impfangebot für Wahlhelferinnen und Wahlhelfer gab vielleicht teils den Ausschlag, sich freiwillig zu melden, aber womöglich haben einige nicht bedacht, dass es sich um ein Ehrenamt handelt, das man nicht einfach so wieder niederlegen kann. Man muss dann schon triftige Gründe angeben. Ich denke, dass wir insgesamt die nötige Zahl erreichen werden.
Über den Bundeswahlleiter
Dr. Georg Thiel ist seit November 2017 Bundeswahlleiter und damit für die Vorbereitung und Organisation der Bundestags- und Europawahlen zuständig. Thiel ist auch Präsident des Statistischen Bundesamtes, die Dopplung hat Tradition. Der Bundeswahlleiter ist als Wahlorgan nur an gesetzliche Vorschriften, nicht an politische Weisungen gebunden. Zu seinen Aufgaben gehören u.a. die Bildung des Bundeswahlausschusses, die Ermittlung und Bekanntgabe des vorläufigen und endgültigen amtlichen Wahlergebnisses sowie die Überprüfung der Wahl auf ihre Ordnungsmäßigkeit.
Sie sind also nicht besorgt?
Dr. Georg Thiel
Nochmal zum Thema Briefwahl: In der Vergangenheit haben Sie sich schon kritisch zum Anstieg des Briefwähleranteils geäußert. Wo liegen Ihre Bedenken?
Dr. Georg Thiel
Bei der Briefwahl müssen aus meiner Sicht zwei Komplexe berücksichtigt werden, zum einen das Organisatorische: Die Kommunen müssen die Anträge auf Erhalt eines Wahlscheins bearbeiten und die Briefwahlunterlagen rechtzeitig versenden. Insgesamt ist es ein größerer Aufwand als bei Wählerinnen und Wählern, die mit Wahlbenachrichtigung und Personalausweis ins Wahllokal gehen. Wobei ich ergänzen muss, dass die Digitalisierung hier Erleichterung gebracht hat, auf der Wahlbenachrichtigung befindet sich zum Teil ein QR-Code mit dem leicht ein Wahlschein für die Briefwahl beantragt werden kann.
Der zweite Komplex ist: Briefwählende versichern an Eides statt, dass sie alles persönlich ausfüllen, aber natürlich sitzen wir nicht mit am Küchentisch. Hier ist der Wähler in der Verantwortung – die Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt ist strafbar.
Gibt es denn Hinweise auf Unregelmäßigkeiten?
Dr. Georg Thiel
Ein wesentlicher Unterschied bei der Briefwahl ist, dass man nicht am Wahltag selbst wählt, sondern seine Stimme vorher abgibt. Ereignisse, die bis dahin noch passieren, können nicht berücksichtigt werden. Ist das ein Problem?
Dr. Georg Thiel
Superwahljahr 2021
Bei einer demokratischen Wahl können Bürgerinnen und Bürger Einfluss auf die Geschicke ihres Landes nehmen. 2021 gibt es dazu reichlich Gelegenheit: Am 14. März waren in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Landtagswahlen, in Hessen Kommunalwahlen. Am 6. Juni wurde in Sachsen-Anhalt ein neuer Landtag gewählt. Am 12. September stehen Kommunalwahlen in Niedersachsen an. Der 26. September ist der Tag der Bundestagswahl, Berliner*innen wählen außerdem ihr Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlung. In Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen sind am gleichen Tag Landtagswahlen.
Es gibt also viele Anlässe für Politikerinnen und Politiker, um die Gunst der Wählerschaft zu werben. Obwohl der Wahlkampf in diesem Jahr pandemiebedingt tüchtig auf den Kopf gestellt werden dürfte. Kontaktverbote und Abstandsregeln haben eine Verlagerung ins Digitale bewirkt. Aktive Politikerinnen und Politiker sind als Krisenmanager*innen einem dauernden Stresstest ausgesetzt – und das im Rampenlicht. Währenddessen buhlen rechte Agitator*innen um Menschen, die mit den Anti-Corona-Maßnahmen der Politik unzufrieden sind. Außerdem wird es nach vier Legislaturperioden erstmals einen neuen Bundeskanzler oder eine neue Bundeskanzlerin geben. Das heißt also: Das Wahljahr 2021 birgt eine Reihe von Besonderheiten und Herausforderungen, die es in der Geschichte unserer Demokratie zu einem Wegweisenden machen. Uns ist das eine eigene Wahl-Serie im Blog der Nemetschek Stiftung wert – mit Interviews und Berichten zu vielen Facetten im Superwahljahr 2021.
Gibt es eine Art kritischer Marke, bei der Sie sagen würden: Höher darf der Briefwahlanteil nicht werden?
Dr. Georg Thiel
Meine Botschaft ist: Es ist wichtig, dass man überhaupt wählen geht, egal ob per Brief- oder Urnenwahl.
Bis 2008 mussten Wählerinnen und Wähler noch begründen, warum sie per Post abstimmen und nicht vor Ort. Sollte so eine Hürde wieder installiert werden?
Dr. Georg Thiel
Die Corona-Pandemie hat der Digitalisierung einen mächtigen Schub verliehen, siehe Homeoffice oder Homeschooling. Wie sieht es beim Wählen aus? Ist die digitale Stimmabgabe in naher Zukunft vorstellbar?
Dr. Georg Thiel