Herr Obermayer, Investigativ-Journalismus sei eine Säule der Demokratie, meinte Katharina Barley jüngst in einer Diskussion. Wie relevant ist diese Säule?
Bastian Obermayer
In einer globalisierten, manchmal unübersichtlich wirkenden Welt können Medien Orientierung geben. Sie bieten dank sorgfältiger Recherche verlässliche Informationen. Es klingt pathetisch, aber es geht ja auch um Wahrheit.
Bastian Obermayer
Wer ungeduldig ist und halbfertige Geschichten veröffentlicht, macht große Fehler. Es gibt noch eine weitere unterschätzte Tugend im Journalismus: Geduld.
Bastian Obermayer
Co-Leiter im Ressort Investigative Recherche bei der Süddeutschen Zeitung (SZ)
Im Frühsommer haben Sie mit der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ dazu beigetragen, dass die Regierungskoalition in Österreich auseinandergebrochen ist. Das Video zeigt, wie Heinz-Christian Strache, bis dahin Vizekanzler, einer vermeintlichen Oligarchen-Nichte geschäftliche Vorteile verspricht als Gegenleistung für Spenden an die rechtspopulistische Partei. Das mutet an wie Kinostoff.
Bastian Obermayer
Heinz-Christian Strache spricht recht unverblümt davon, im Gegenzug für Parteispenden auf die österreichische Kronen Zeitung einzuwirken, um Personen zu pushen. Ist eine solches Szenario auch in Deutschland denkbar?
Bastian Obermayer
Ihre Redaktion hat es mit anonymen Tippgerbern zu tun, die unter Umständen eine eigene Agenda verfolgen. Wie stellen Sie sicher, dass Sie seriös informieren?
Bastian Obermayer
Sie leiten gemeinsam mit Herrn Richter das Ressort Investigative Recherche bei der SZ. Ich nehme an, Sie haben viele Koordinationsaufgaben zu bewältigen, zumal Sie mit einer Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen von Zeitungs-, Hörfunk- und TV-Redaktionen aus unterschiedlichsten Ländern zusammenarbeiten. Wie behalten Sie den Überblick?
Bastian Obermayer
Über Bastian Obermayer
Bastian Obermayer ist ein vielfach für seine Reportagen und investigative Arbeit ausgezeichneter Journalist.
Er war maßgeblich beteiligt an der journalistischen Aufarbeitung des ADAC-Skandals und diverser Affären um Steuerflucht („Panama/Paradise Papers“). Im Frühsommer kam es nach der „Ibiza-Affäre“ in Österreich zum Bruch der Regierungskoalition. Im Alter von 14, 15 Jahren begeisterte er sich fürs Zeitungslesen. Nach dem Abitur studierte er Politik, Geschichte und Amerikanistik, seinen Interessen folgend. Anschließend besuchte er die Deutsche Journalistenschule. Heute leitet er gemeinsam mit Nicholas Richter das Ressort Investigative Recherche bei der SZ.
Bei Ihren Recherchen zu Steuerflucht und Steueroasen mussten riesige Datenmengen verstanden und ausgewertet werden – wie stelle ich mir das konkret vor? Wer arbeitet da wie mit wem zusammen?
Bastian Obermayer
So wandelt sich der Beruf des Redakteurs oder der Redakteurin. Abgesehen von digitalen Fähigkeiten, die es auch im Umgang mit neuen Medien braucht, welches persönliche Rüstzeug benötigen Nachwuchsblattmacher?
Bastian Obermayer
Hat Ihre Art zu arbeiten eine Zukunft? Stichwort Zeitungssterben. Vor allem jüngere Leute scheinen eine Tageszeitung nicht zu vermissen und informieren sich über Snapchat oder Instagram. Wie gehen Sie mit dieser Entwicklung um?
Bastian Obermayer
Bitter ist auch, dass im Deutschland des 21. Jahrhunderts ein Begriff wie „Lügenpresse“ erneut Konjunktur hat. Nicht selten gehen damit auch Gewaltandrohungen gegen Journalistinnen und Journalisten einher. Wie gehen Sie mit Anfeindungen um?
Bastian Obermayer